Yangons Circular train
Heute wollen wir mit dem Circular Train eine ganze Runde um Yangon drehen. Für 200 Kyiat, etwa einen Euro bekommen wir einen Ticket mit dem man, wenn man denn möchte, an jeder Haltestelle aus und wieder einsteigen kann. Die Bahn fährt etwa alle 40–60 Minuten und eine komplette Stadtumrundung dauert 3 Stunden. Zunächst lassen wir uns mit dem Taxi zur Central Station bringen, einem riesigen, alten, im Kolonialstil erbauten Bahnhofsgebäude an dem recht wenig englisch gesprochen wird. Zum Glück hilft uns einer netter Bahnbeamter und ein Passant aus. Wir müssen einmal bis nach ganz vorne laufen und die Brücke überqueren auf Gleis 6 und 7 erhalten wir dann das Tickt für den Circular Train. Kurz nach uns bucht ein weiterer Tourist die selbe Tour. Da er aber ganz offenbar ebenfalls kein Englisch spricht bekommen wir einen fortgeschrittenen Kurs in Körpersprache. Erst hält er 2 Finger in die Luft und dann malt er mit dem Zeigefinger einen großen Kreis auf die Theke am Ticketschalter. Ohne ein weiteres Wort erhält der Mann seine beiden Tickets für die Stadtumrundung. Im Leben wäre ich nicht darauf gekommen so die Tickets zu bestellen.
Die Züge, die hier im Bahnhof stehen habe definitiv ihre besten Tage hinter sich. Neben der Kompilation der Schrottbusse könnte ich gleich die Kompilation der fahruntauglichen Lokomitiven und Wagons danebenlegen. Schon auf dem Bahnhof erwarten uns jede Menge fliegende Händler die gerne ihre Waren an den Mann bringen möchten. Von Trinkwasser aus zweifelhaften Quellen bis Nagelklipse ist an der Central Station alles vertreten.
Etwa 15 Minuten später rollt der Zug ein. Unser Wagon ist blau und türkis angestrichen oder besser gesagt war mal blau und türkis gestrichen. Macht ja nicht, so lange die Farbe den rostigen Haufen noch zusammenhält bin ich zufrieden. An den langen Seiten gibt es zwei Holzbänke und in der Mitte sind Haltegriffe an der Decke angebracht. So ist jede Menge Platz für Waren, die natürlich im Zug reichlich transportiert werden. Zum Glück haben wir Air Conditioning in Form von keine Fenster. Dafür gibt es aber formschöne Alu Jalousien an den Fenstern, die man bei Bedarf runter lassen kann. Dann wäre es natürlich auch stockdunkel im Zug.
Natürlich dauert es nicht lange bis einige Marktschreier einsteigen und lautstark alles Mögliche verkaufen. Q‑Tips zum Beispiel benötige ich heute dringend. Sonst gibt es aber hauptsächlich Obst, Gemüse, Wachteleier, normale Eier und wunderschöne Orangen, die unglaublich gut riechen. An einer Haltestelle scheint Markt zu sein. Als wir hier halten herrscht direkt ein Lärmpegel wie auf einem Rollfeld. Alles schreit durcheinander und plötzlich werden riesige Körbe mit Gemüse in unser Abteil geladen. Die nächste Stunde über wir dann in aller Seelenruhe und ganz akkurat das Gemüse geputzt und sortiert. Ein wahres Schauspiel.
Die Bahnhöfe sind in einem wirklich katastrophalen Zustand. Überall liegt Dreck und Müll und noch mehr Dreck. Wir fahren an kleinen Seen vorbei in denen auf schwimmenden Gärten Gemüse angebaut wird und mich wundert nun wirklich gar nicht mehr, dass ich das rohe Gemüse hier nicht vertrage. Das Wasser ist so unglaublich dreckig, dass man sich fast gar nicht vorstellten kann, dass hier überhaupt irgendwas wächst. Die Wasserqualität in Myanmar ist wirklich die schlechteste, die ich in ganz Südostasien bisher gesehen habe und wie gesagt, ich bin eigentlich total unempfindlich. Wir fahren sogar an komplett zugemüllten Flüssen vorbei, die wirklich bis zum Rand mit Plastik gefüllt sind. Aber was will man auch erwarten, es kommen die großen Unternehmen in ein Entwicklungsland, bringen jede Menge an Plastik mit und keiner sagt den Leuten, dass es eben nicht verrottet wie alles andere und es gibt auch keine Müllabfuhr oder irgendwelche zentralen Stationen an denen das ganze entsorgt werden kann.
Zwischen dem ganzen Müll sehen wir auch die armseligsten Behausungen, die in ganz Südostasien je gesehen habe. Myanmar ungeschminkt sozusagen. Es ist unvorstellbar, dass hier wirklich Menschen wohnen. Und ich kann mir beim Besten Willen nicht erklären wie man hier leben kann ohne dauerhaft krank vom schlechten Trinkwasser zu sein. Für mich ist es ja sowieso unvorstellbar, dass es Länder gibt, die keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Und einmal mehr bin ich einfach nur dankbar für meinen deutschen Pass.
In den Randgebieten von Yangon sehen wir Felder und strahlend blauen Himmel satt. Aber auch hier leben die Menschen nur in kleinen dürftigen Bambushütten am Existenzminimum. Die Drei Stunden Fahrt vergehen wie im Flug.
Als wir nach 3 Stunden unseren Zug an der Central Station wieder verlassen wandern wir ein paar Blocks weiter zum Bogyoke Markt um uns dort ein wenig die Zeit zu vertreiben. Hier gibt es hauptsächlich Schmuck. Die Myanmarer scheinen unheimlich auf Jade zu stehen und so reiht sich ein Stand an den nächsten und ich wundere mich mal wieder wie die alle davon leben können wenn sie so unglaublich viel Konkurrenz haben. An einem kleinen Straßenstand an dem es Bilder zu kaufen gibt dauert es nicht lange bis Mirko und ich einen neuen Freund haben. Der kleine Sohn der Straßenstandbesitzerin ist schon richtig im Business. Nach etwa 2 Sekunden hat er Mirko uns mich an der Hand und es hätte mich auch nicht gewundert wenn er schon ein paar Brocken englisch gekonnt hätte. Dafür ist er aber einfach noch zu klein.
Und leider muss ich sagen, dass es Kinderarbeit in Myanmar einfach an jeder Ecke gibt. In jedem Restaurant arbeitet hier mindestens ein Kind unter 14. Auch wenn ich das natürlich nicht befürworte, so ist es aber einfach normal. Schließlich gehen die meisten Kinder hier nur maximal 4 Jahre zur Schule. Überhaupt die Armut hier extrem spür- und sichtbar. Es gibt einfach unglaublich viele Straßenkinder, die um Essen oder Wasser betteln und es gibt bislang noch keine wirklich organisierten Hilfsorganisationen hier.
An einem Straßenstand um die Ecke kaufen wir ein paar frische Mandarinen und Mangustinen. Die schmecken etwa so als hätte man das Aroma von 5 in eine einzige Frucht hineingepresst. Manchmal frage ich mich echt was für einen Scheiß die uns eigentlich in Deutschland verkaufen.
Danach suchen wir uns ein gemütliches Plätzchen im Park gegenüber der Cityhall und genießen eine Weile die Nachmittagsstimmung und natürlich die frischen Früchte. Um 4 Uhr Nachmittags treffen wir uns dann mit einem Guide um uns durch die Straßenküche von Yangon zu schlemmen.